Jedes Jahr werden in Europa ca. 200 Millionen Tonnen CO2 durch Lkw ausgestoßen. Um diese Emissionen zu neutralisieren, wären 4 Milliarden Bäume nötig – also ungefähr ein Wald von der Fläche Deutschlands. Angesichts dieser Zahlen wird der Ruf nach einer nachhaltigeren Logistik immer lauter. Viele Faktoren sprechen dafür, dass dies kein schnelllebiger Trend ist, sondern dass sich das Thema Nachhaltigkeit zu einem festen Bestandteil sämtlicher Bereiche der Supply Chain entwickeln wird. Die Logistikbranche ist daher gefragt, innovative Lösungen für ein besseres Umweltmanagement zu entwickeln. Wir von InstaFreight sehen insbesondere in der Nutzung von Technologie viele Chancen. Welche Nachhaltigkeitsstrategie wir verfolgen, erklärt unsere Nachhaltigkeitsbeauftragte Elena Traut im Interview.
1. Hallo Elena, wie kam es zur Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie bei InstaFreight?
Nachhaltigkeit ist seit Tag Eins Teil unserer DNA. InstaFreight wurde 2016 mit der Vision gegründet, die Transportlogistik effizienter und dadurch nachhaltiger zu gestalten. Dabei stehen sich wirtschaftliche und ökologische Ziele nicht konträr gegenüber, sondern ergänzen sich. Eine wichtige Grundlage ist unser datengetriebener Ansatz, durch den wir nicht nur eine signifikante Optimierung der Transportprozesse erzielen, sondern auch CO2-Emissionen einsparen. Für diese und weitere Maßnahmen haben wir letztes Jahr das ISO-Zertifikat 14001 für nachhaltiges Umweltmanagement erhalten.
2. Aus welchen Bausteinen setzt sich unsere Nachhaltigkeitsstrategie zusammen?
Wir knüpfen an den zentralen Herausforderungen für Verlader an. Was unseren Kunden häufig großes Kopfzerbrechen bereitet ist, dass sie oft gar nicht wissen, wie viel CO2 ihre Transporte überhaupt ausstoßen. Das ist aber Voraussetzung zur Reduzierung der Emissionen. Der erste Baustein unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist daher unser Nachhaltigkeits-Reporting, das Verladern und Fuhrunternehmern einen Überblick über die entstandenen CO2-Emissionen ihrer Transporte verschafft.
Davon ausgehend entwickeln wir gemeinsam mit unseren Kunden eine Strategie, um ihre CO2-Emissionen künftig zu reduzieren. Dieser zweite Baustein bietet verschiedene Lösungsansätze: Durch unseren Matching-Algorithmus führen wir klassische Straßentransporte mit Diesel-Lkw sofort effizienter und nachhaltiger durch. Darüber hinaus ersetzen wir Diesel-Transporte dort, wo es sinnvoll und möglich ist, durch umweltfreundlichere Alternativen: Mit Intermodal bauen wir auf eine verstärkte Nutzung der Schiene. Zudem haben wir über unser großes Fuhrunternehmer-Netzwerk Zugriff auf Lkw, die mit alternativen Kraftstoffen betankt werden.
3. Du hast das Nachhaltigkeits-Reporting angesprochen. Was genau steckt dahinter?
Das Nachhaltigkeits-Reporting basiert auf den Transportdaten unseres Track-&-Trace. Über eine Anbindung an mehr als 500 Telematiksysteme stellen wir dem Kunden nicht nur eine Transportverfolgung in Echtzeit bereit, sondern erfassen auch die tatsächlich gefahrenen Tonnenkilometer. In Kombination mit unseren technischen Daten zu Lkw und Ladung ermitteln wir die CO2-Emissionen aller Ladungen des Kunden auf Einzeltransport- oder Relationsbasis. Selbstverständlich entspricht unser Reporting den internationalen GLEC-Richtlinien für Emissionsberichte. So gewährleisten wir maximale Transparenz und Qualität.
4. Stichpunkt Matching-Algorithmus: Wie lassen sich dadurch CO2-Emissionen reduzieren?
Unser Matching-Algorithmus beruht auf internen Daten zu Ausstattung und Qualität der Fuhrunternehmer und ist zusätzlich durch externe Daten angereichert, um eine passgenaue Transportvergabe zu gewährleisten. Für jeden Transportauftrag wird ein automatisiertes Ranking derjenigen Fuhrunternehmen erstellt, die die relevanten Kriterien am besten erfüllen, noch Kapazitäten frei haben und sich in der Nähe befinden. So unterstützt der Algorithmus unsere Disponenten bei der Wahl des passenden Frachtführers. Dieser hat zudem die Möglichkeit, seine bevorzugten Routen auf unserer Plattform zu hinterlegen. Wir bieten ihm dann auf seinen Relationen passende (Rück)Ladungen an. Diese Maßnahmen erhöhen die Auslastung der Lkw und reduzieren Leerfahrten, sodass sich die CO2-Bilanz der Transporte signifikant verbessert. Unser Ziel ist es, dadurch jährlich bis zu 500 Tonnen CO2 einzusparen.
5. In welchen Fällen setzt InstaFreight jetzt schon auf Intermodaltransporte? Und welches Potential siehst du hier für die Zukunft?
In einigen Fällen sind die Vorteile des Lkw nach wie vor unschlagbar, beispielsweise bei zeitkritischen Transporten auf kurzen Distanzen. In anderen Fällen kann die Verlagerung von Volumen auf die Schiene aber eine echte Alternative sein, da damit bis zu 82 Prozent CO2 eingespart werden.
Aktuell setzen wir kombinierten Verkehr insbesondere dann ein, wenn der Kunde einen klaren Nachhaltigkeitsfokus hat und/oder diese drei Kriterien erfüllt sind: Die Ladung ist (i) schwer, wird über eine (ii) lange Distanz transportiert und ist (iii) nicht zeitkritisch. Kommen diese Faktoren zusammen, lohnt es sich für ein Unternehmen nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus finanziellen Gesichtspunkten, auf Intermodal umzusteigen. Vor- und Nachlauf fallen dann nicht so sehr ins Gewicht und der Preis pro Tonnenkilometer sinkt.
Insgesamt sehen wir im Intermodaltransport auch für die Zukunft großes Potential, weil die Bereitschaft, auf nachhaltige Lösungen zurückzugreifen, bei unseren Kunden immer größer wird. Das unterstützen wir und haben uns zum Ziel gesetzt, jährlich 10 Prozent des Transportvolumens von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
6. Alternative Kraftstoffe sind aktuell ein großes Thema. Welche Antriebstechnologien nutzen die Transportpartner von InstaFreight und wo liegt unser strategischer Fokus?
Hier muss man den Tatsachen ins Auge sehen: Von den 3,3 Millionen Lkw auf Deutschlands Straßen tanken fast alle aktuell (noch) Diesel, da es dafür einfach die beste Infrastruktur gibt. Alternative Kraftstoffe sind aber auf dem Vormarsch.
Mit Shell haben wir einen starken Kooperationspartner an unserer Seite, der unter anderem auf LNG-Antrieb setzt. Damit können wir unseren Kunden über unser Fuhrunternehmer-Netzwerk jetzt schon eine Alternative zu Diesel-Transporten anbieten.
Parallel dazu sehen wir uns intensiv nach weiteren umweltfreundlichen Antriebsmöglichkeiten um. Dabei werden wir alternative Kraftstoffe zunächst auf ausgewählten Routen mit ca. 5 Prozent unseres Transportvolumens testen und dann den Anteil sukzessive steigern. So planen wir mittelfristig den Aufbau eines flächendeckenden, nachhaltigen Fuhrunternehmer-Netzwerks mit Fokus auf internationalen Verkehren.
7. Bisher ging es vor allem um die Nachhaltigkeitsstrategie hinter dem Geschäftsmodell von InstaFreight. Was tun wir, um unsere eigenen Emissionen zu reduzieren?
Wir wollen als Unternehmen natürlich auch selbst ein Zeichen setzen. Unsere direkten Emissionen senken wir daher wo immer möglich. Beispielsweise implementieren wir gerade eine „Train-over-Plane Policy”, die umweltfreundliche Zugfahrten für Dienstreisen auf Kurz- und Mittelstrecken vorsieht. Zudem möchten wir alle Büros künftig mit 100 % Ökostrom betreiben.
Wo eine weitere Senkung unserer Emissionen nicht mehr möglich ist, setzen wir auf CO2-Ausgleich: Wir kompensieren unsere restlichen Emissionen über ausgewählte Umweltprojekte und sind durch diese Maßnahmen seit 2020 klimaneutral.
8. Welche weiteren Projekte und Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit plant InstaFreight aktuell? Kannst du darüber schon etwas verraten?
Derzeit fokussieren wir uns darauf, unseren Matching-Algorithmus zu optimieren, um bei der Auswahl der Fuhrunternehmer künftig weitere Umweltkriterien wie neue Antriebsarten und deren Kraftstoffverbrauch berücksichtigen zu können. So können wir den ökologischen Fußabdruck der Transporte noch genauer berechnen. Darüber hinaus arbeiten wir gerade an der Weiterentwicklung unseres Nachhaltigkeits-Reportings. Wir freuen uns schon, demnächst mehr über diese Projekte berichten zu können.
9. Gibt es noch etwas, das dir beim Thema Nachhaltigkeit wichtig ist?
Ja. Wie bei vielen anderen Dingen, kommt man auch in Sachen Nachhaltigkeit als Einzelkämpfer nicht weit. Fuhrunternehmer, Verlader, InstaFreight – wir müssen alle an einem Strang ziehen, um die Logistik grüner zu gestalten. Nachhaltigkeit ist Teamarbeit.