Was würde der Brexit für den europäischen und britischen Logistikmarkt bedeuten?
Für den Ausstieg aus der Europäischen Union haben am 23. Juni 2016 die Briten in einem Referendum mit knapper Mehrheit von 51,9 Prozent gestimmt. Schottland und Nordirland sind gegen den Austritt. Kritiker befürchten gravierende Konsequenzen für die britische Wirtschaft.
Der Brexit löst Folgen für sowohl den Briten als auch für den Europäer aus. Neue Grundlagen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich müssen aufgestellt werden, denn die wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen darf man nicht unterschätzen.
a) Wirtschaftliche Folgen:
Eine wirtschaftliche Instabilität, die sich über Jahre hinziehen kann, ist vorprogrammiert. Die „Bank of England“ geht davon aus, dass die britische Wirtschaftsleistung innerhalb eines Jahres um 8 Prozent schrumpfen würde. Vergleichsweise ist diese in der vergangenen Finanzkrise um 6,25 Prozent eingebrochen.
Auch die europäischen Parteien ziehen Konsequenzen aus dem Austritt: Knapp die Hälfte der britischen Exporte Waren gehen in die EU. Vier der fünf größten Exportziele waren 2017 EU-Länder, nämlich Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Irland. Es wurden hier Güter im Wert von 189 Milliarden Euro geliefert.
Deutschland zum Beispiel, würde durch den Brexit nicht gestürzt, aber getroffen werden. Mit einem positiven Außenhandelssaldo von 120 Milliarden Euro pro Jahr zählt das Vereinigte Königreich zu den Top fünf der wichtigsten Partnerländer Deutschlands. Die enge Handelsbeziehung zwischen den Deutschen und den Briten macht deutlich, dass ein geordnetes Austrittsverfahren von Vorteil für beide Partner ist.
b) Politische Folgen:
Innenpolitisch gesehen wird der Brexit in Zukunft weitere Debatten hervorrufen: Denn nicht das gesamte Königreich stimmt für einen Austritt zu. Das Auseinanderbrechen des Zusammenhalts war nach den Wahlergebnissen hervorsehbar. Trotz der Größe und der Macht des Staates besteht die Möglichkeit, als Drittstaat in die EU-Politik mit eingebunden zu sein, was aber auch bedeutet, dass sie als Drittstaat keinen Einfluss in politischen Entscheidungen haben. Nach dem Austritt des Vereinigten Königreiches könnte ein Dominoeffekt entstehen. Unzufriedene EU-Länder könnten sich an dem Austritt ein Beispiel nehmen und nachziehe
c) Die Auswirkung dessen auf die Logistik:
14 Prozent der EU-Unternehmen, die mit britischen Zulieferern arbeiten, hatten bereits Anfang des Jahres Teile ihres Geschäfts von der britischen Insel abgezogen. 42 Prozent der befragten EU-Lieferkettenmanager sollen der Meinung sein, dass britische Produkte sich nicht von anderen Produkten abheben und deshalb ein Verzicht infrage kommt.
Das White Paper 2018 vom Service-Logistiker Carousel Logistics kam zu dem Ergebnis, dass deutsche Unternehmen deutlich zuversichtlicher sind als britische Unternehmen. 69 Prozent der Unternehmen erwarten einen gleichbleibenden Erfolg nach dem Brexit. Die Hälfte der Unternehmen in beiden Ländern gibt an, noch nicht damit begonnen zu haben, ihre Lieferkette auf den Brexit vorzubereiten.
Knapp 50 Prozent der Unternehmen in beiden Ländern sind im Unklaren, welche Vorkehrungen für den Brexit getroffen werden müssen. Diverse Unternehmen (27 Prozent in GB, 21 Prozent in Deutschland) erwägen, Teile ihrer Supply Chain vom Vereinigten Königreich nach Kontinentaleuropa zu verlegen. Der DIHK-Präsident Eric Schweitzner warnt, dass durch den Austritt viele Unternehmen verunsichert sind, und dadurch Just-in-Time Produktion und Lieferketten gefährdet sind. Durch den Brexit können weitere Hemmnisse entstehen: Zölle können wieder erhoben werden, weshalb es zu einer direkten Kostensteigerung für Logistiker kommen kann. Zudem warnte der Hafen Dover vor der Erhebung von Zöllen, da sie zu einer Verzögerung der Abfertigung führen können. Allein eine Zollkontrolle von jeweils zwei Minuten pro Lkw kann wiederum zu einem Stau von über 30km führen. Dann kann es zu einer problematischen Zeitverzögerungen in Lieferprozessen kommen.
Am 29. März 2019 sollten die Briten aus der EU austreten. Doch nun einigen sich beide Parteien für eine Verschiebung. Theresa May und die Regierungschefs der 27 EU-Staaten haben in der letzten Sitzung beschlossen, den Austrittstermin auf den 12.04.2019 zu verschieben. Entscheidet sich das britische Parlament gegen den Termin, muss Großbritannien einen neuen Plan bis zum Tag X vorlegen. Die bisherigen Vereinbarungen versprechen unter anderem Rechtssicherheit, sodass EU-Bürger in Großbritannien und Briten auf dem europäischen Kontinent auch nach dem Brexit weitgehend wie bisher weiterleben können.
Doch damit das Vereinigte Königreich weiterhin die Vorteile des EU-Binnenmarkts genießen kann, gibt es verschiedene Handelsabkommen, die mit der EU abgeschlossen werden können. Zum Beispiel könnte Großbritannien ein ähnliches Abkommen wie Norwegen erhalten, welches Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ist. Trotzdem müsste das Vereinigte Königreich die daraus resultierenden Pflichten tragen und auf jegliches Mitspracherecht in Verhandlungsprozessen verzichten.
Wirtschafts- und Logistikexperten machen sich zunehmend Sorgen über die Folgen, falls der Brexit ungeregelt stattfindet. Genaue Lösungen wurden bis jetzt nur diskutiert, jedoch nicht festgesetzt. Wie Unternehmen nun spezifisch vorangehen sollen, ist nicht bekannt. Während sich einige Firmen möglichst gut auf den Ernstfall vorbereiten möchten und etwa ihre Lagerkapazitäten im United Kingdom aufstocken, sind einige Großkonzerne bereits dabei, sich aus Großbritannien zurückzuziehen oder planen, ihre Produktion am Tag des möglichen Austritts einzustellen.
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Lesen Sie mehr darüber:
- https://www.handelsblatt.com/politik/international/zwei-jahre-nach-dem-brexit-votum-britische-wirtschaft-spuert-laengst-die-folgen-des-bevorstehenden-eu-austritts/22718652.html?ticket=ST-10722-bdYAC19KMWyCNtODKZgS-ap6
- http://www.manager-magazin.de/politik/konjunktur/brexit-schadet-britischer-wirtschaft-auf-jeden-fall-a-1240927.html
- https://www.n-tv.de/wirtschaft/Deutsche-Wirtschaft-warnt-vor-hartem-Brexit-article20774374.html
- http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/brexit-wie-der-ungeklaerte-eu-austritt-die-wirtschaft-laehmt-a-1244266.html
- http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/brexit-wie-der-ungeklaerte-eu-austritt-die-wirtschaft-laehmt-a-1244266.html
- https://www.dw.com/de/folgen-für-die-wirtschaft-beim-brexit/a-46485025
- https://www.eurotransport.de/artikel/die-folgen-des-brexit-fuer-die-logistik-supply-chains-muessen-umgebaut-werden-10492662.html
- https://www.americanshipper.com/news/?autonumber=73263&utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter
- https://www.bpb.de/internationales/europa/brexit/228804/politische-folgen
- https://www.dekra.net/de/brexit-ausstieg-logistik/
- https://www.e-commerce-magazin.de/analyse-der-brexit-und-die-logistik
- https://rp-online.de/politik/ausland/brexit-wuerde-wirtschaft-haerter-als-finanzkrise-treffen_aid-34783497